«IN DEN NÄCHSTEN FÜNF JAHREN WIRD KI IN JEDEN ASPEKT UNSERES TÄGLICHEN LEBENS INTEGRIERT SEIN»
15 minuten
22.11.2023

Aber wie bereitet sich die Adecco Gruppe auf die KI Revolution vor und in welchen Bereich ist KI bei der Rekrutierung bereits im Einsatz? Wo bestehen Chancen, wo die Risiken dieser neuen Technologie, die aktuell jeden Lebensbereich erobert? Diese und weitere Fragen beantworten wir im aktuellen Interview mit Greg Shewmaker, The Adecco Group SVP Global Operations.
Greg Shewmaker, Group SVP Global Operations kümmert sich bei der Adecco Gruppe darum, dass auf der einen Seite dem Thema genügend Raum geboten und auf der anderen Seite Richtlinien und Rahmenbedigungen für dessen Nutzung erarbeitet werden.
Greg, setzt die Adecco Gruppe bereits KI im Rekrutierungsprozess ein?
Ja. Besonders im Bereich der generativen KI (Gen AI) haben wir zum Bespiel einen Lebenslauf-Kreator, der in Frankreich entwickelt wurde und nun weltweit verfügbar ist. Unser Tool Career Assistant verfügt über die nächste Generation von Konversationsagenten, die OpenAI nutzen, und es gibt mehrere Generatoren für Stellenbeschreibungen, die in verschiedenen Ländern getestet werden.
Was ist in Bezug auf KI in der Personalbeschaffung innerhalb der Adecco Group geplant?
Das ist noch nicht ganz klar, aber ich denke, es gibt zwei Möglichkeiten. Die erste beinhaltet die oben genannten Beispiele: Dazu gehören taktische Produktivitätsverbesserungen wie Lebenslauf- und Stellenbeschreibungsgeneratoren, automatisierte Interviewfragen/-vorbereitung, Chatbots für den Kundenservice sowie E-Mail- und Kalendermanagement.
Die andere Art, über KI-Integration nachzudenken, ist eher strategisch. Dazu gehört zb. die Karriereplattform, die wir zusammen mit Microsoft aufbauen. Es handelt sich ume einen globalen Talentmarktplatz, der auf einer KI-Plattform basiert. Ein anderes Beispiel wäre das Training und die Einführung unseres eigenen KI-Modells, das auf den umfangreichen globalen Daten basiert, die wir heute haben.
Wir wollen an beiden Fronten vorankommen: mit taktischen Lösungen, die unseren Personalvermittler:innen und unseren Kandidat:innen/Mitarbeitendeneinen unmittelbaren Nutzen bieten, und mit neuen Innovationen, die uns von unseren Wettbewerbern abheben.
In welchen Bereichen des Recruitings sehen Sie das grösste Potenzial für den Einsatz von KI?
Das ist zum Einen in der Automatisierung von sehr administrativen, zeitaufwändigen Aufgaben. Stellen Sie sich zum Beispiel vor, Sie hätten Ihren eigenen virtuellen Assistenten, der Stellenanzeigen aufgeben, Lebensläufe sichten, Meetings anberaumen, Follow-up-Nachrichten verschicken kann usw. Das ist bereits möglich und wir werden es auf breiter Basis zur Verfügung stellen, damit unsere Recruiter und Recruiterinnen mehr von dem tun können, was sie am liebsten tun - mit Kandidaten und Kunden sprechen. Der zweite Bereich, in dem KI einen echten Mehrwert für unser Geschäft bringen wird, ist das bessere Matching von Kandidaten. Im Rahmen der Karriereplattform, an der wir gemeinsam mit Microsoft arbeiten, testen wir, wie Hard- und Soft Skills, kulturelle Passung und persönliche Motivationen zu einer höheren Erfolgswahrscheinlichkeit in einer neuen Position führen. Gen AI hilft uns dabei mit einem Bruchteil der Daten, die noch vor einem Jahr nötig gewesen wären, um dies zu erreichen.
Was sind die Risiken von KI im Rektrutierungsprozess?
KI erfordert bei bestimmten Entscheidungen immer noch menschliche Aufsicht und gesunden Menschenverstand. Es ist eine aufregende und vielversprechende Technologie, aber sie ist genau ein Jahr alt und braucht noch mehr Zeit, um zu reifen und genauer zu werden. Manchmal verfehlt die KI das Ziel und macht Vorschläge, die ungenau oder irrelevant sind. In naher Zukunft sollte Gen KI für einfache, zeitaufwändige Aufgaben und zur Unterstützung bei der Kategorisierung von Entscheidungen eingesetzt werden, die ein Mensch noch treffen oder zumindest genehmigen kann.
Inwieweit können KI-Entscheidungen im Recruiting menschliche Entscheidungen ergänzen oder ersetzen?
KI kann die E-Mail- und Kalenderverwaltung automatisieren. Sie kann Stellenausschreibungen in Jobbörsen veröffentlichen, diese überwachen und auf der Grundlage der Antworten die Vorgehensweise ändern. KI kann Lebensläufe sammeln und sortieren, erste Beurteilungen von Kandidaten vornehmen und Vorstellungsgespräche planen. KI kann erste Fragen für Vorstellungsgespräche vorschlagen, diese Fragen stellen und auf der Grundlage der Antworten einer Person sogar Folgefragen stellen. Aber was KI heute noch nicht kann, ist zu bestimmen, ob jemand in einem bestimmten Job oder bei einem bestimmten Unternehmen erfolgreich sein wird. Hierfür ist nach wie vor ein Experte erforderlich, der die Erwartungen und Bedürfnisse des Kunden versteht.
Welche datenschutzrechtlichen und ethischen Überlegungen sollten beim Einsatz von KI im Recruiting berücksichtigt werden?
Die Entwicklung der KI ist rasant, und die Landschaft ändert sich jede Woche. Die Adecco Group arbeitet an der Aktualisierung unserer Nutzungsstandards und Richtlinien und wird diese bis Ende November neu veröffentlichen. Diese Standards werden Richtlinien zum Datenschutz, zum geistigen Eigentum, zur IT-Sicherheit und zu verantwortungsvollen KI-Prinzipien wie Modelltransparenz, unvoreingenommene Ergebnisse und Partnerauswahl enthalten. Die Sicherheit und der verantwortungsvolle Einsatz von KI haben für unseren Vorstand oberste Priorität, und wir verfügen über einen eigenen Ausschuss für ethische KI, der diese Standards und Richtlinien unabhängig festlegt und durchsetzt.
Haben Sie irgendwelche Empfehlungen oder Ratschläge für Unternehmen, die über den Einsatz von KI im Recruiting nachdenken?
In den nächsten fünf Jahren wird KI in jeden Aspekt unseres täglichen Lebens integriert sein, so wie es heute das Internet ist.Heute handelt es sich jedoch noch um eine sich entwickelnde Technologie, bei der jeder noch lernt und herausfindet, was sie leisten kann.Unser Ansatz ist es, diese neuen KI-Fähigkeiten sehr ernst zu nehmen, indem wir versuchen, möglichst viel Ordnung reinzubringen, d. h. unsere Daten aufbereiten, unsere Mitarbeiter weiterbilden, eine neue Technologie-Roadmap entwickeln und unsere erste KI-Strategie für die Gruppe erstellen. Darüber hinaus probieren wir viele taktische Anwendungsfälle aus, um zu testen und zu lernen, wir gehen Partnerschaften mit Technologieunternehmen ein, die sich mit KI viel besser auskennen, und wir hören unseren Kunden zu und lernen von ihnen, die ebenfalls die Möglichkeiten der KI erkunden. Obwohl jedes Unternehmen seine eigene KI-Strategie haben muss, kann ich nur empfehlen, nicht zu warten, bis die KI-Landschaft klarer oder weniger riskant wird. Fangen Sie jetzt an, oder riskieren Sie, ins Hintertreffen zu geraten.
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